Zu 300 Jahre Kirche Krinau ist im aktuellen Toggenburger Jahrbuch ein Text erschienen. Darin geht es um ein urtoggenburgisches Thema: die Selbstbestimmung. Der Kirchenbau war für die Krinauer ein Akt der Autonomie.
Es waren unruhige Zeiten, als die Kirche Krinau entstand. Nachdem sich Katholiken und Reformierte zum wiederholten Mal die Köpfe eingeschlagen hatten, gab es 1718 den Friedensvertrag von Baden. Darin ist festgelegt, dass beide Konfessionen im Toggenburg neue Kirchen bauen dürfen. Damit entsteht in Krinau der erste reformierte Neubau einer Kirche im Thurtal. «Die Kirche ist der Blickfang des Dorfes, und ihre Bedeutung für die Dorfidentität ist kaum zu überschätzen», heisst es im Text.
Fast 300 Jahre später ist vieles anders. Die Kantonalkirche übt über die Finanzierung der Kirchgemeinden Druck aus für Fusionen. In Krinau wird im März 2011 ein Zusammenschluss mit den Nachbarsgemeinden abgelehnt – Grund ist hauptsächlich der Verlust an Selbstbestimmung. In einer zweiten Fusionsrunde, in welcher das kantonale Kirchenparlament eine faktische Zwangsfusion beschliesst und auch Druck auf die Fusionsgemeinden auslöst, ist der Zusammenschluss dann Tatsache.
Wie wird die Selbstbestimmung heute eingeschätzt? Während Stimmen aus dem Dorf ein pessimistisches Bild abgeben, sagt Roland Scherer von der Universität über das Toggenburg: «Die Region ist attraktiv zum Wohnen, auch wenn man vielleicht ausserhalb des Toggenburg arbeitet. Durch die Verkehrsanbindung und vor allem dankdem öffentlichen Verkehr ist die Mobilität für Berufspendler gewährleistet. In der Schweiz ist der Level gerade im internationalen Vergleich zum Erhalt der ländlichen Räume sehr hoch.»
Der Text «Kirchenbau, Zwangsfusion und ländliche Entwicklung: Autonomie und Fremdbestimmung am Beispiel von Krinau» ist im Toggenburger Jahrbuch 2025 erschienen und im Buchhandel erhältlich.
Daniel Klingenberg